Redaktion: Hans-Georg Vorndran

BlickPunkt.e Nr. 1 / Februar 2016

 

„Das Christentum ist kein Götzendienst“
Ein Gespräch mit Rabbiner Jehoschua Ahrens

Bis heute galt Christentum als Verfehlung. Nun dieser Quantensprung. Weshalb?
Jehoschua Ahrens: Das Christentum ist keine «avoda sara» («Götzendienst», Anm. d. R.). Jesus hat dazu verholfen, den Glauben an den Gott Israels zu verbreiten und Götzendienst zu überwinden. Darüber hinaus ist das eine historische Chance.

Beschränkt sich die Erklärung auf alle christlichen Konfessionen oder vor allem auf den Katholizismus? Wo ziehen Sie die Grenzen?
Betreffend «Nostra Aetate» geht es natürlich speziell um das Verhältnis zur katholischen Kirche, aber die grundlegenden Kernaussagen der Erklärung gelten für das Christentum generell.

Die Erklärung versucht den Dialog auch halachisch zu legitimeren. Wie lauten hier die wichtigsten Aspekte?
Es ist in der Orthodoxie üblich mit halachischen Quellen zu arbeiten, und das tun wir auch hier. Unsere jüdische Tradition macht einige wichtige Aussagen zum Verhältnis zum Judentum und vieles ist grundsätzlich positiv. 

In der Anerkennung des Christentums als Religion anerkennen Sie auch Jesus als theologische und nicht mehr nur historische Figur. Wie überwinden Sie hier offensichtliche Konflikte?
Ich sehe hier keine offensichtlichen Konflikte. Wir können doch jetzt nach 2000 Jahren Christentum und einer weltweiten Verbreitung des Monotheismus, und damit des Glaubens an den Gott Israels und unsere Heiligen Schriften, nicht einfach sagen, dass das purer Zufall war. 

Ist eine solche Erklärung auch zwischen Rabbinern und dem Islam denkbar?
Grundsätzlich auf jeden Fall. Gerade in Theologie und Glaubenspraxis haben Juden und Muslime viel gemeinsam – mehr als Judentum und Christentum.

Was war Ihre Motivation für die Erklärung?
Zunächst einmal ist diese Erklärung eine Art Responsum zu 50 Jahren «Nostra Aetate» und zur damit einhergegangenen fundamentalen Verbesserung der Beziehung zwischen Christen und Juden. Wir wollten aber auch eine klare Antwort zu den antichristlichen Taten in Israel geben, nämlich dass solche Taten keinerlei Grundlage im Judentum haben. Außerdem wollten wir gerne als orthodoxe Rabbiner einen Schritt weiter gehen im Dialog.

Was, glauben Sie, wird sich nun mit der Unterzeichnung der Erklärung real ändern und wie bindend ist diese?
Die Erklärung ist also nur ein erster Schritt, und wir freuen uns auf die Konkretisierung der Partnerschaft in zukünftigen Schritten. Wir sind uns bewusst, dass dies für viele unserer Kollegen ein neues Konzept ist, aber wir laden alle Rabbiner ein, diesen historischen Prozess mitzugestalten.

Welche Rabbiner fehlen Ihnen persönlich bei den Unterzeichnern?
Mir fehlt kein konkreter Rabbiner. Wir würden uns natürlich wünschen, dass möglichst viele Rabbiner zu dem Verständnis der Erklärung kommen und sie unterstützen.

Jehoschua Ahrens ist einer der Initiatoren der Erklärung orthodoxer Rabbiner und war maßgeblich am Inhalt der Erklärung beteiligt. Der ehemalige ICZ-Rabbinatsassistent im Gespräch mit Yves Kugelmann von tachles.
http://www.tachles.ch/initiative-1

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