Redaktion: Hans-Georg Vorndran
BlickPunkt.e Nr. 5 / Oktober 2016
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Micha Brumlik Playmobil, sichtlich um kulturelles Engagement bemüht, hat vor einiger Zeit im Vorgriff auf das Lutherjubiläum 2017 ein Lutherfigürchen ediert, das - buchstabiert man es richtig aus - kaum anders als auf jeden Fall als antijudaistisch, wenn nicht gar antisemitisch zu bezeichnen ist. Das Figürchen, das online für 2,39 Euro zu erwerben ist, steckt in einem schwarzen Talar, hat ein freundlich lächelndes Emoji als Gesicht und trägt in der rechten Hand eine weiße Feder. So weit, so unspektakulär. Tatsächlich enthält das Figürchen jedoch eine theologische Botschaft, hält es doch dem Betrachter mit seiner linken Hand zwei Buchseiten entgegen, auf denen für den Betrachter gut lesbar steht: „Bücher des Alten Testaments Ende“ sowie - auf der rechten Seite - „Das Neue Testament übersetzt von Doktor Martin Luther.“ Dabei ist nicht zu verkennen, dass sich diese Seiten bewusst an die Käufer wenden - würde das Figürchen das Buch nämlich selbst lesen, stünden die Buchstaben auf dem Kopf. Luther selbst beendete übrigens seine Übersetzung der hebräischen Bibel - nach dem Gebet „Dreier Menner im Fewr“ - in eher beiläufiger Kürze: „Ende der Bücher des Alten Testaments.“ Warum hat der Konstrukteur des Figürchens die bei Luther noch unauffällige Anzeige „Ende“ so hervorgehoben und typografisch in ebenso großen Buchstaben wie „Das Neue Testament“ gesetzt? Theologisch dürfte es dafür kaum einen anderen Grund geben als den, das „Alte Testament“ und mit ihm seine Gültigkeit für beendet und damit überwunden anzusehen - ein Thema, das die Geschichte der Kirche seit der späten Antike bis in die Gegenwart immer wieder beschäftigt hat und noch heute umtreibt. Ist das Alte Testament, also die Juden und Christen gemeinsame Schrift des Volkes Israel, veraltet und überkommen, wie es nicht wenige Nazis, die sogenannten Deutschen Christen wollten, oder hat es nicht doch auch für die christlichen Konfessionen eine ebenso große Bedeutung wie die Evangelien? Nun war der alte Martin Luther als Autor einer Schrift aus dem Jahr 1543, die unter dem Titel „Von den Juden und ihren Lügen“ erschien, tatsächlich einer der Gründerväter des modernen Antisemitismus, nicht nur des kirchlichen Antijudaismus: Diese Schrift wurde von den nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ während der Novemberpogrome des Jahres 1938 emphatisch gefeiert. Man will sich nicht vorstellen, dass ausgerechnet die Firma Playmobil, die so viele Kinderherzen erfreut, in diese Tradition gehört. Daher ein bescheidener Vorschlag zur Güte: Nein, es geht nicht um den Rückruf all dieser Figürchen, sondern nur darum, dass ein kleiner Teil, die erwähnten Buchseiten, künftig leicht verändert werden: Gefordert wird, entweder das Wort „Ende“ einfach wegzulassen oder es doch wenigstens typografisch auf die Größe der anderen Buchstaben zu bringen. Junge Kirche 3/2016 |
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Die BlickPunkt.e erscheinen 6mal im Jahr. Die Printausgabe kann für 25 Euro/Jahr bestellt werden bei ImDialog. Evangelischer Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau. |