| Die Verheißung Jesu von  der Tischgemeinschaft mit Abraham und  Sara (Mt 8.11f)von Bertold Klappert
Wie über eine Türschwelle  tritt man mit dem folgenden ersten und grundlegenden Satz des Mt-Evangeliums in  das Neue Testament ein: „Genealogie des Messias Jesus, der Sohn Davids, der  Sohn Abrahams“ (Mt 1,1). Es folgt eine Genealogie von dreimal 14 Generationen,  die von Abraham bis Joseph, den genealogischen Vater Jesu, dreimal die  Davidszeit (delath waw daleth) verheißungsgeschichtlich abschreitet 1. Jesus – Davidide und Siegel der Propheten Jesus – der Sohn Davids: Der jüdische Neutestamentler David Flusser, hat in  seinem Aufsatz „Familien vom Haus Davids in der Zeit Jesu“(1986) darauf  hingewiesen, daß es, wie archäologische Funde zeigen, im letzten Jahrhundert  des Zweiten Tempels jüdische Familien gab, die ihren Stammbaum auf David  zurückführen konnten. Dabei präfigurieren die in dem Stammbaum Mt 1,1-17  genannten und aus den Völkern stammenden Frauen (Thamar Rahaba,Ruth ,  Baaatsehba) nicht die Völkerwallfahrt zum Zion, sie weisen auch nicht auf den  Plan JHWHs hin, „das Gottesvolk aus Israeliten und Nichtisraeliten zu  schaffen“, wie W. Grundmann, Leiter des Eisenacher Institutes zur Entjudung der  Bibel während der Nazi-Diktatur in altbekannter antijüdischer Tradition  behauptet (Das Evangelium nach Matthäus 1972). Sondern sie erzählen von dem  Eintritt von Proselytinnen in das Volk Israel, die diese in vollem Sinn zu  Jüdinnen und zu einem Teil des Volkes I s r a e l macht , aber nicht „zum  Gottesvolk“ aus Juden und Heiden, wie wiederum Grundmann will. Auch haben, wie  Flusser weiter berichtet, die römischen Herrscher Vespasian, Domitian und  Trajan noch im ersten Jahrhundert n.Chr. „die davidische Königsfamilie (in  Gestalt der Nachkommen Jesu) so gründlich verfolgt, daß kein einziger Nachfahre  mehr übrigbleiben sollte“. So kann angenommen werden, daß auch die  Jesus-Genealogie nicht einfach frei erfunden wurde, sondern historisch  glaubhaft ist (so J. Jeremias). Genealogische Aussagen sind für die Bibel nicht  beliebig, dürfen in ihrer Bedeutung nicht minimiert oder generalisiert werden,  wie in der theologisch-antijüdischen  Tradition durchgängig geschehen ist und bis heute geschieht.
 Die israelitisch-jüdische  Genealogie in der Hebräischen Bibel, im Judentum und im Neuen Testament ist  nicht alles (Röm 2,28f), wie die Berufungsgeschichte des Messias Jesus, seine  Berufung durch den Heiligen GEIST JHWHs zeigt. Aber ohne Genealogie wird die  Geschichte des Messias Jesus für Israel und alle Völker spiritualisiert:  genauer „generalisiert“! Denn der  Logos wurde nicht abstrakt „Mensch“, sondern jüdisches Fleisch (K.Barth KD IV  1,161; J.Denker, Das Wort wurde jüdisches Fleisch 1994). Auch D. Flusser schreibt in  seinem seine früheren Thesen korrigierenden Vorwort zur russischen Übersetzung  seines „Jesus“-Buches (1990): „Wenn es stimmen sollte, daß Jesus ein Nachkomme  des König Davids gewesen ist, dann war er darin kein weißer Rabe“, also kein  Einzelner. Es ist dabei nach Ps  72,17-19 die Bestimmung des David-Sohnes Salomo, den Segen Abrahams in  die Völkerwelt zu bringen: „In ihm/durch ihn sollen gesegnet werden und sich  glücklich preisen alle Völker“. Das ist ein Hinweis auf 1.Mose 12, 3f. Daher  ist es auch nach dem Neuen Testament die Bestimmung des David-Sohnes Jesus, den  Segen Abrahams zu allen Völkern zu bringen (Mt 3,17; 28,28,19; Lk 1,26. 37. 73)  Der jüdische Jesus ist  zugleich das Siegel der Propheten: Wiederum hat Flusser in mehreren Aufsätzen  über das „messianische Selbstbewußtsein Jesu“ (1980/1986) darauf hingewiesen,  daß Jesus sich „als die Krone und das Siegel der Prophetie“ verstanden hat. Das  hat zuerst der Kirchenvater Tertullian so formuliert, indem er Jesus als  „Siegel der Propheten“ bekannte (C.Colpe, Das Siegel der Propheten 1989). Diese  neutestamentlichen und frühkirchlichen Bekenntnis-Traditionen hat Muhammad  gekannt und dann auf sich selbst als den „letzten Propheten“ übertragen. Nach  der Wiedereinweihung des Tempels (Chanukka) durch die Makkabäer „verwahrten sie  die Steine beim Tempelberg, b i s  e i  n  P r o p h e t  k o m m e n   und verkündigen würde, was man damit tun solle“ (1.Makk 4,46). Das ist Flusser  zufolge eine Parallele zu Mt 11,13-14. Dort sagt Jesus, daß „alle Propheten  und die Tora bis zur Zeit Johannes (des Täufers) prophezeit haben“. Mit dem  Kommen Jesu als Siegel der Propheten bricht das „Königtum Gottes“ (basileia tou  theou; M. Buber) im Sinne der „sich realisierenden Eschatologie“ anfangsweise  durch: „Jesus ist der einzige uns bekannte antike Jude, der nicht nur  verkündet, daß man am Rande der Endzeit steht, sondern gleichzeitig, daß die  neue Zeit des Heils schon begonnen hat“(D.Flusser). 2.  Der Anfang der Realisierung der Abraham-Verheißung In einer prophetischen Vision  verkündigt Jesus: „V i e l e werden kommen von Osten und Westen und mit Abraham  (und Sara), mit Isaak und Jakob (von GOTT geladen) zu Tische liegen. Aber die  (fundamentalistischen) ‚Söhne des Reiches’ werden ausgeschlossen werden“ (Mt  8,11f). Die Tischgemeinschaft gehört zentral zur Verkündigung Jesu, zu seinem  Pesachmahl wie zu den Mahlen des Auferstandenen mit seinen Jüngern und Jüngerinnen  (O.Hofius, Jesu Tischgemeinschaft mit den Sündern 1967; J.Jeremias: Die  Abendmahlsworte Jesu 4.Aufl 1967; Fr. Mußner: „Das Wesen des Christentums ist  gemeinsam essen“, in: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, 1991, 131-145).  Damit greift Jesus auf die prophetische Verheißung der Völkerwallfahrt „aller  Völker“ (Jesaja 4,2f; Micha 4,1f; 1.Mose 12,3) zum Zion (Jes 2; Micha 4), aber  auch auf die eschatologische Tischgemeinschaft der Versöhnung „aller Völker“  mit Israel, das JHWH erwählt hat und „Nachkomme Abrahams, meines (JHWHs)  Freundes ist auf dem Berg Zion (Jes 25,6-8; 1,Mose 12,3) zurück. Dieses von  Jesus erwartete messianische Mahl wird aber entscheidend eine  Tischgemeinschaft mit Abraham und Sara sein.  Damit greift Jesus noch  hinter die Mose-Tora auf die Ethik Abrahams zurück: Abraham lud die drei  Boten Gottes zu sich, um sie mit Sara zu bewirten (1.Mose 18,3). Auch nach  jüdischer und muslimischer Tradition hatten Abraham und Sarah ihr Zelt nach  allen vier Seiten auf, um den durstig und hungrig Vorüberziehenden Wasser zu  geben und sie mit Speise zu bewirten. Nach dem Hebräerbrief werden die aus Rom  geflohenen und vom römischen Kaiser verfolgten und bedrängten Christen  aufgefordert, wie Abraham und Sarah den Verfolgten und Fremden Gastfreundschaft zu gewähren: „Die Liebe zu denen, die euch Fremde sind, vergeßt nicht;  denn so haben manche, ohne es zu wissen, Engel beherbergt“ (Hebr 13,2 mit  Verweis auf Gen 18,1-16). Nach 1.Mose 18,25 übt Abraham Widerstand sogar  gegen JHWH selbst, protestiert er gegen GOTTes Absicht, unschuldiges  Menschenleben in Sodom zu vernichten, protestiert er also, um einzelne Menschen  in Sodom zu retten, indem er an JHWH die kritische Frage stellt: „Der Richter  (JHWH) der ganzen Erde, sollte der nicht selbst Recht üben?“ So folgt Abraham  einer umfassenden Weisung der Tora noch vor der Tora-Gabe JHWHs durch Mose  am Sinai: Israel und die Völker der Welt sollen um Abrahams willen gesegnet  werden, „weil Abraham auf meine Stimme gehört und gehalten hat, was ich ihn  halten hieß: meine Vorschriften, meine Gebote, Satzungen und Weisungen“ (1.Mose  26,5). An diesem Maß der Tora Abrahams noch vor der Sinai-Tora in der  Richtung auf Liebe und Gerechtigkeit, auf Gastfreundschaf für die Fremden und  Ernährung der Hungernden und Tränken der Durstenden, schließlich auf das  Kämpfen mit Gott um die Rettung eines einzelnen Menschenleben werden alle  Nachkommen Abrahams auch von Jesus, dem messianischen Abraham-Sohn, gemessen  werden. Tischgemeinschaft mit Abraham  und Sara ist auch im Blick auf eine andere, heute ebenfalls brennende Frage  sehr konkret. Die verheißene Tischgemeinschaft mit Abraham schließt nämlich  immer auch die Landfrage ein. Wie verhält sich die  Verheißung und Gabe des Landes an Israel, von der die Bibel schon in den  Abraham-Verheißungen spricht, zu dem Recht der bereits im Lande lebenden Stämme  und der umliegenden Völker, zusammen mit Israel in Nachbarschaft, Gerechtigkeit  und Frieden zu leben? So erzählt die Abraham-Geschichte davon, daß Abraham mit  dem Amoriter Mamre und seinen Brüdern Eschkol und Aner in einer  Bundespartnerschaft lebt: „Diese waren Abrams Bundesgenossen“ (1.Mose 14,13;  vgl. Fr. Crüsemann in seinem den Satz von Dabr Emet „Christen können den  Anspruch des jüdischen Volkes auf das Land Israel respektieren“, 2000, noch  verschärfenden Aufsatz, in: Juden und Christen im Gespräch über „Dabru  emet-Redet Wahrheit“ 2005, 155-180). Das 1.Mosebuch erzählt  weiter, daß Abraham, die Sarah an den Harem Abimelechs preisgibt, um sein  eigenes Leben zu retten. Abraham ist dann überrascht und muß von der  Gottesfurcht, dem Mordverbot und der humanen Sexualethik des Philisterkönigs  Abimelech von Gerar lernen, indem er bekennt: „Ich dachte: Sicher gibt es keine  Gottesfurcht an diesem Ort, und so werden sie mich um meiner Frau willen  umbringen. Und Abimelech sprach: Sieh, mein Land steht dir offen. Wo es dir  gefällt, da laß dich nieder. Da tat Abram Fürbitte bei Gott und Gott heilte  Abimelech, seine Frau und seine Mägde“ (1.Mose 20,11.15.17).  Die Segensgeschichte der  Völker mit Abraham, aber auch umgekehrt und genauso wichtig Abrahams mit den  umliegenden Völkern kommt schließlich erst da zu ihren Ziel, wo - wie Abraham  von der noachidischen Ethik des Abimelech, so auch nun - Abimelech von  der Verheißungs- und Segensgeschichte Abrahams lernt: „Da fragte der  (Abraham-Erbe) Isaak sie (nämlich Abimelech, Achusat und den Heerführer  Pichol): Warum kommt ihr zu mir, wo ihr mich doch haßt und mich von euch  weggeschickt habt. Sie sagten: Wir haben mit eigenen Augen gesehen, daß  JHWH/der HERR mit dir ist. Und so dachten wir es soll ein Vertrag/Bund zwischen  uns beschworen werden, daß du uns nichts Böses tust wie auch wir dir nichts  (Böses) getan, sondern auch dir nur Gutes getan haben und dich in Frieden haben ziehen lassen, bist du doch der Gesegnete JHWHs/ des HERRN“ (1.Mose  26,27-29).  Weiter ist in der Landfrage  zu bedenken: Nach den Richter- und Josua-Büchern hat JHWH, der GOTT, den 12  Stämmen Israels das Land gegeben. Aber in der Negativ-Liste von Richter  Kp 1 sind die 12 Stämme Israels noch nicht im „Besitz des Landes“, das de facto  durch andere Völker bewohnt wird (A. Alt). Der Satz „Gott hat Israel das  Land gegeben“ ist richtig, aber man kann ihn verschieden lesen und mißbrauchen.  Was aber heißt das? Ich kann den Satz „Gott hat Israel das Land gegeben“ a) so lesen: „Gott hat I s r a e l exklusiv das Land und  keinem anderen Volk gegeben“. So werde ich diesen Satz nur fundamentalistisch  und mit gewaltsamen Konsequenzen mißverstehen und zelotisch und militärisch  exekutieren können Aber das will JHWH nicht! Denn JHWH, der GOTT Israels, ist  ein Gott auch „aller Völker“ und als solcher ein GOTT der Gerechtigkeit  und Liebe. Deshalb muß man den Satz auch b) wie folgt lesen: „Gott hat Israel das Land als Lehen g e g e b e n“.  Er kann diesem Volk - davon erzählen das Richterbuch, aber auch besonders das  Deuteronomistische Geschichtswerk (Dt - 2.Könige 25; noch während der Exilszeit  560f)) und die Klageliedern des Jeremia (unmittelbar nach 587), ja die ganze  Hebräische Bibel, - das Land wieder - wenn auch wegen der nicht zuletzt auch  im Messias Jesus (Mt 5,5) und im Neuen Testament (Mt 2,20;19,28) Hebr 11.9)  bestätigten Landverheißung nicht endgültig - nehmen. Und er tut es dann, wenn es Israel an Gottesliebe, Völkerliebe, Menschenliebe, dazu an  Gerechtigkeit und Recht mangeln läßt (Jes 1,21-27). Der entscheidende Grund ist  aber c) noch höher, nämlich theozentrisch zu verankern. JHWH ist nämlich  nicht exklusiv der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs (Ex 3,14f), sondern er ist  auch und gleichwesentlich der Gott der Hagar, des Ismael und aller Völker  (1.Mose 12,3; 16.17.25). Deshalb muß der Satz entscheidend so gelesen werden:  „GOTT, der Gott Israels, Ismaels und der Völker gibt und hat Israel das Land  gegeben“. Aber nicht nur das. Sondern  Folgendes ist in der christlichen Exegese dieses Jesus-Wortes in der Auslegung  der Jesus-Verheißung durchgängig übersehen worden: Jesus prophezeit a) zunächst die messianische Erneuerung des Zwölf-Stämme-Volkes Israel-Judentum,  die in Jesu Tischgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern beginnt (Mt 9,10-13),  die aber intentional auch die Sammlung der Diaspora Israels mitumfaßt (Mt  24,31; 19,28). Jesus meint aber von der Abraham-und Sara-Verheißung her auch  die Völker des „Ostens“, die „kommen werden“ (Mt 11,5), und damit b) auch die Erfüllung der umfassenden Verheißungen für Hagar und Ismael und für  das Zwölf-Stämmevolk der Ismaeliten (Gen 16,10f; 17,20; 25,12-18). Die  Abraham-Verheißung ergeht c) schließlich darüber hinaus an „alle Völker“  (1.Mose 12,3; Mt 28,19). Die Abraham- und Sara-Verheißung ist folglich  dreifach, sie meint die Verheißung einer Nachbarschaft verschiedener von  JHWH-GOTT, vom „HERR-Gott“, erwählter und gesegneter Religionen in versöhnter  Verschiedenheit. Sie kann deshalb nur in  diesen drei Dimensionen überhaupt verstanden werden: a) Sie umfaßt „das  Abraham-Sarah-Isaak-Jakob-Zwölf-Stämmevolk“ Israel-Judentum bis heute.- b) Sie umfaßt ebenso eindeutig und nicht weniger bedeutungsvoll „das  Hagar-Ismael-12 Stämmevolk der Muslime“ bis heute.- c) Sie umfaßt  schließlich die Verheißung für das „Ökumenische Gottesvolk aus allen Völkern“  und die Völker der Welt und ihre Religionen bis heute. Diese dreifache  Unterscheidung der Dimensionen innerhalb der Abraham-Verheißung wird auch im  Neuen Testament beibehalten, was leider von der christlichen Exegese durchgängig  vergessen worden ist. a) Jesus ist als „Sohn Abrahams“ der messianische  Repräsentant des Volkes Israel (Mt 1,1), was sich auch darin zeigt, daß Jesus  nach seiner Berufung zum messianischen Propheten (Mt 3,17) sofort 12 Jünger als  Repräsentanten und Regenten der messianischen Wiederherstellung ganz Israels beruft (Mt 4,18-22; 19,28). Buber hat vom „Messianismus der Richterzeit“ als  einer messianischen Hoffnung im Judentum gesprochen. Das aber bedeutet: Man  kann Jesus, den Sohn Davids und endzeitlichen Propheten nicht ohne  Israel-Judentum haben.  b) Jesus wird in seiner Berufung zum messianischen  Propheten zugleich zum Knecht/Ebed JHWH berufen: „Siehe mein Knecht/Diener, den  ICH halte/stütze, mein Erwählter, an dem meine Seele (Wohl-)Gefallen hat. Ich  habe meinen Geist (bleibend) auf ihn gelegt, damit er das Recht zu den Völkern  hinausträgt“ (Jes 42,1f; Mt 3,16f; 11,4: 12,15-21). Der weitere Zusammenhang  dieser Weisung und Verheißung Jes 42,1-12 hat auch Kedar (Jes 42,11) im Blick:  „Juble Wüste und ihr Bewohner von Kedar. Die Felsenbewohner sollen/werden  jubeln“. Kedar ist der zweitgeborene Sohn Ismaels (1.Mose 25,13b). Kedariter  siedeln im nordwestlichen Arabien (Calwer Bibellexikon = CBL I 726). In der  griechischen Übersetzung (LXX) werden die „Felsenbewohner“ mit „Petra“, der  Hauptstadt der Nabatäer, identifiziert (CBL II 1020; W.Zimmerli, Ezechiel,  Biblischer Kommenntar XIII 655f)). Mit dem Namen „Nabatäer“ wird, auch  der rabbinischen Tradition zufolge, auf Nebajoth, den erstgeborenen Sohn  Ismaels (1.Mose 25,13a), verwiesen. Das Nabatäerreich erreichte in der Zeit  Jesu unter König Aretas IV (9 v.Chr - 40 n.Chr.) eine Ausdehnung bis nach Hegra  im Süden (vgl. Gal 4,25) und Aufsicht über Damaskus im Norden (2.Kor 11,32).  Jesus ist den Weg zu den arabischen Nabatäern, der infolge seiner durch die  Abraham-Verheißung von Gen 12ff und die Prophetie von Jes 42,1-11 bestimmten  Berufung (Mt 3,17) offen gewesen wäre, de faco nicht gegangen. Jesus verheißt  aber nach Mt 11,5, daß die Völker „kommen werden von O s t e n , um mit Abraham  und Sarah zu Tische zu sitzen“ Wer ist damit wohl anders gemeint als die  östlichen Nabatäer? (vgl zu dem Themenkreis der Ismaeliten über den Kommentar  von C.Westermann , Genesis, hinaus die Stellen von der Genesis bis zu den  Nabatäern in dem Aufsatz von Gregor Geiger „Ismael. Diachroner Versuch einer  Lokalisierung“, Gedenkschrift für M-Görg, hg. v. S. J. Wimmer und G. Gafus. „Vom  Leben umfangen. Ägypten, das Alte Testament und das Gespräch mit den  Religionen“, 2014, 59-73) - Erst Paulus, der „Knecht des Messias Jesus“ (Röm  1,1), ist diesen Weg dann in die nabatäische „Arabia“ (Gal 1,17f) gegangen  (vgl. 2. Kor 11,32). Schließlich Jesu Sendung ist von der mehrdimensionalen  Abraham-Sara-Verheißung her nicht nur auf das Israel-Volk und das Israel-Land  begrenzt (so die These von A. Alt und J. Jeremias) und auch nicht nur  verheißungsgeschichtlich auf die Ismaelnachkommen der Nabatäer und Kedariter  bezogen. c) Jesus überschreitet nämlich bei der Begegnung mit der  syrophönizischen Frau (Mt 15,21-27) die Grenze des Israel-„Landes der  Verheißung“ (Mt 2,12; Hebr. 11,9) in das Land Phönizien mit den Städten Tyrus  und Sidon, die in neutestamentlicher Zeit zur römischen Provinz Syrien gehörten  (CBL II 1312). Jesus überschreitet also , wie Elia (1.Kön 17,9) und dem Weg der  Abraham-Verheißung folgend, die jüdisch-israelitischen Grenzen hin zu den Völkern  der Welt. Im Gespräch Jesu mit der  syrophönizischen Frau (Mt 15,21-28) geht es dabei nicht um das  feministisch-exegetische Anliegen, daß Jesus erst durch diese Begegnung für  andere Völker jenseits eines angeblich exklusiv-heilsegoistischen Judentums  geöffnet werden müßte. Diese ökumenische Offenheit auf die Völker hin besaß  Jesus nicht nur als Jude und als Glied seines in seiner Partikularität  mehrheitlich immer universal auf die Völker bezogenen Judentums (L. Baeck: The  Task of Progressive Judaisme in the Post-War-World; in: Leo-Baeck-Werke Bd 5,  hg A. H. Friedlander und B. Klappert, 2002, 65-71). Diese inklusive Offenheit  hatte Jesus schon durch seine prophetische Berufung erhalten (Mt 3,17). Der bei  der Berufungsstimme (bath kol) angespielte Text Jes 42,1-4 bezieht sich nämlich  auch und zentral auf die Aufgabe des Knechtes JHWHs, „das Recht JHWHs in die  Völkerwelt zu tragen“, worauf Baeck in seinem weitgehend vergessenen Werk „Das  Evangelium Jesu als Urkunde der jüdischen Glaubensgeschichte“ (1938!)  aufmerksam gemacht hat. Jesus geht es in seiner Weigerung gegenüber der syrophönizischen  Frau, der Bitte um die Heilung ihrer Tochter nachzukommen, zunächst darum, der  Frau aus der Welt der Völker die durch die Abraham- und Sara-Verheißung  aufgegebene Unterscheidung zwischen Juden und Völkern, präziser: den  Unterschied zwischen der JHWH-Offenbarung an das ersterwählte Israel-Jakob-Volk  einerseits und die Einbeziehung auch der von Israel unterschiedenen Völker  andererseits deutlich zu machen ( Mt 15,24; Mk 7,27). Beide, Israel und die  Völker, sollen durch die Abraham-Verheißung gesegnet werden, beide sind  aufeinander bezogen, beide sind aber zu unterscheiden und in ihrer  Unterschiedenheit nicht zu nivellieren oder zu generalisieren. So heilt Jesus schließlich  auf den Wegen der Segensverheißung Abrahams und Saras die schwerkranke Tochter  der Frau aus der Welt der Völker, wie er das beim Heilen „der verkrümmten Frau  am Sabbat“ (Lk 13,10-17) bereits im Israel-Land ebenfalls mit Berufung auf  Abraham und Sara und ihren Segen getan hatte: „Diese aber eine Tochter  Abrahams, die der Satan volle achtzehn Jahre in Fesseln gehalten hatte, mußte  sie nicht am Sabbat von dieser Fessel losgebunden werden?“ (13,6). Der  Jerusalemer Talmudgelehrte und Flusser-Freund Shmuel Safrai hat auf diesen Zusammenhang  zwischen dem Abraham-Segen und dem Heilen Jesu mündlich öfters aufmerksam  gemacht. Was in der Begegnung Jesu mit  der syrophönizischen Frau (CBL II 1312) beginnt und sich andeutet, erfolgt erst  recht seit Jesu Auferweckung. Nun überschreitet der Messias Jesus ben  David mit dem sog. „Missionsbefehl“ (Mt 28,19) das Israelland in Richtung auf  „das Volk aus aller Welt Zungen“ (Luther, eg 125,1), das ökumenische  Gottes-„Volk aus den Völkern für Seinen (JHWHs) NAMEN“ (Apg 15,14). Deshalb muß  präziser gesagt werden: Die Weisung zur Sendung, dh. „der Jünger- und  Lehrbefehl“ des auferweckten Messias Jesus muß immer in dieser  dreifachen Dimension verstanden werden und   d i a l o g i s c h  d i f f e r e  n z i e r e n d  ausgeführt werden. Jesu doppelte  Weisung hat innerhalb des Judentums ihre Parallele in dem doppelten Auftrag  der „Sprüche der Väter“: „Stellt viele Schüler auf und zieht einen Zaun  um die Tora “ (Pirke Avoth I 1). Diese Weisung bezieht sich jetzt durch  den Auftrag des messianischen Menschensohnes Jesus auch auf den Bereich „aller  Völker“ (Mt 28.16-20; 1.Mose 12,3). Auch Paulus ist in  seinem WEG gemäß der dreidimensionalen Abraham-Verheißung a) zunächst  und zuerst, wie die Apostelgeschichte berichtet, immer in die Synagogen zu  seinem Volk Israel-Judentum gegangen (Apg. 13,14; 14,1; 17,1 u.ö.). b) Danach ging Paulus in die Arabia zu den Nabatäern (Gal 1,17f). Dazu hat ihn die  verheißungsgeschichtliche Weisung des mehrfachen Abraham-Segens geführt: „Die  Araber (= Nabatäer) waren nach 1 Mo 25,13 (vgl 28,9) Nachkommen des  erstgeborenen Abrahamsohnes Ismael und somit die nächsten Verwandten Israels,  dazu auch geographisch Nachbarn der Juden in Palästina; sie sollten wieder zum  Gott Israels zurückfinden (vgl. Jer 12,14-17)“ (O.Betz, S.Kim; M.Hengel CBL II  1020) Von der zu Shavuoth-Pfingsten von Petrus gepredigten Joel-Verheißung der  „Ausgießung des Geistes auf  a l l e  s  Fleisch“ (Apg 2,17) muß die Entstehung  des Islam im 7. Jahrhundert als  e i  n  „Zeichen des Geistes“ (Kuschel, Juden,  Christen, Muslime 2007) und Muhammad als e i n Prophet (W.Zimmerli,  C.Westermann) verstanden werden. c) Schließlich geht Paulus wiederum der  Abraham-Verheißung entsprechend zu den Völkern der Welt. Er streitet im  Römerbrief „allen Samen“ Abrahams (Röm 4,16a). Er ergänzt, daß Abraham „unser a  l l e r Vater“ ist, also sowohl der Vater Israels auch der Vater uns von aus  den Weltvölkern (Römer 4,16b).. Dabei ist der mündliche Hinweis von Jeremias  wichtig, daß das hebräisch KOL (vgl Kohelet 7,16-19; vgl. in der Amida 1.  Abraham-Beracha: Schöpfer des Al l l s =Mt 11,25:„Schöpfer des Himmels und der  Erde“) oft mit „alle beide“, also differenzierend übersetzt werden muß. Das ist  für das Verstehen der Theologie des Römerbriefs und des dort zugrundliegenden  Duals „Israel und alle Völker“ von entscheidender Bedeutung. Paulus verweist mit Gen 17,5  darauf, daß Abraham „Vater vieler Weltvölker“ ist (Röm 4,17). Er kämpft mit Röm  4 - nach dem sprachlich immer wiederholten „nicht nur, sondern auch“ (ou monon  alla kai) und also nach dem Motto „nicht nur für die Juden, sondern auch für die  Völker der Welt“ - gegen eine exklusiv-fundamentalistische Abraham-Exegese in  ultra-orthodoxen Kreisen des damaligen Judentums (Röm 4; Fr. Mußner, „Thema  Abraham“, in: ders., Die Kraft der Wurzel, 1987,32ff, 32, vgl. 59ff). Damit ist  die Unterscheidung von „genealogisch“ und „spirituell“ auch für den Paulus des  Römerbriefes selbstverständlich mitgesetzt. Die Abraham gegebene  mehrdimensionale Verheißung lenkt den Weg des Paulus, den er zunächst und immer  wieder in die Synagogen des Judentums und danach zuerst in die nabatäische  Arabia geht, um dann konsequenter- und verheisungsgeschichtlicherweise über Rom  bis nach Spanien an die damaligen „Grenzen der (Völker-)Welt“ (Röm 15,24) gehen  zu wollen. Paulus folgt damit nicht nur dem Drohspruch Johannes des Täufers mit  seiner Drohung gegen judaistischen Exklusivismus, JHWH könne sich auch aus den  Steinen der Wüste spirituelle Nachkommen Abrahams und der Sara erwecken (Mt  3,9), sondern er bezieht sich in Röm 4,17 auch auf die 2. Beracha des  18.Gebetes „Geburoth, Machttaten“, derzufolge Gott mächtig ist, „Tote zum Leben  zu erwecken“ und deshalb auch mächtig ist, aus den Völkern „spirituelle  Abrahamsöhne und spirituelle Sara-Töchter“ zu erschaffen Daraus folgt aber:  Auch Paulus hat sich in seinen Wegen an die mehrfachen Dimensionen und  Sequenzen der Abraham-und Jesaja-Verheißung (Apg 26,17f = Jes 42,6-8) gehalten,  wie M. Hengel/A.M.Schwemer, Paulus zwischen Damaskus und Jerusalem. Die  unbekannten Jahre des Apostels“(1998) und Otto Betz im Anschluß an diese  Forschungen überzeugend gezeigt haben. Was wir bei Paulus zu lernen  haben, das gilt auch im Hinblick auf die Erwähnung der „Kreter und A r a b e  r“ in der Pfingstgeschichte nach Acta 2,11. Klaus Haacker teilt mir  brieflich mit, daß mit den Kretern als „Inselbewohnern“ das westliche Ende der  damals bewohnten Erde einerseits und mit den Arabern als den „Wüstenbewohnern“  der Osten als der andere Teil der bewohnten Erde (vgl Jer 2,10-11: Jes  52,10-12; 60,5-9; Ps 72,10) andererseits bezeichnet werde. Mit der zusammenfassenden  Nennung der „Kreter und Araber“ werden die zum Shavuoth-Pfingst-Fest nach  Jerusalem kommenden Völker der jüdischen Diaspora noch einmal zusammengefaßt,  „ob sie nun zur Inselwelt oder zum Wüstenbereich, zum Westen oder zum Osten  gehören“. Damit wird erneut nicht nur an die alle Weltvölker einbeziehende  Universalität der von Petrus zitierten Joelverheißung (Acta 2,17f), sondern  auch an die konkrete Dreidimensionalität der Abraham- und Sarah-Verheißung  (Acta 3,13) erinnert. Kommen Araber als jüdische Proselyten zum Shavuoth-Fest,  dem Fest des Gedenkens an die Gabe der Sinai-Tora, nach Jerusalem, dann sind  sie, die als Araber bereits unter der der Hagar und dem Ismael gegebenen  S e g e n s verheißung stehen, durch die  Proselytentaufe nun auch in den Bereich der Abraham- und Isaak-E r w ä h l u n  g  getreten. Als solche konnnten sie eine  Brücke zwischen Israel einerseits und den Arabern der Wüste anderseits bilden.  Diese Brückenfunktion zwischen den Juden im Staat Israel und den arabischen  Palästinensern der Westbank leuchtet heute in der Gestalt der 20% zählenden  arabischen Israelis und der arabischen Christen in Israel wieder als  Möglichkeit auf, wofür der arabische Israeli, Pfarrer in Nazareth und Dozent am  Bible College in Bethlehem, Dr. Yohanna Katanacho, in seinem Buch „The land of  Christ“ (2012) jüngst wieder plädiert hat. 3. Zur genealogischen und  spirituellen Abraham- und Sarah-Gemeinschaft Abraham, so hat J. Magonet  einmal formuliert, ist nicht nur im Blick auf die Vergangenheit, sondern auch  im Blick auf die Zukunft „von unauslotbarer Tiefe“ und Weite. Das zeigt sich  auch an der Frage der genealogischen  und spirituellen Abraham-und Sara-Gemeinschaft. Es gibt eine  weltweite genealogische und spirituelle Abraham-Hagar-Ismaelgemeinde der  islamischen Umma wie es auch eine weltweite genealogische und spirituelle  Abraham-Sara-Isaak-Gemeinde gibt. Die hier im Anschluß an  Martin Hengel und Otto Betz vertretene These wird aber gerne besonders im Blick  auf den Islam mit folgenden, freilich wenig überzeugenden Argumenten  bestritten: Gegen eine verheißungsgeschichtliche Sicht der Araber, speziell der  arabischen Nabatäer und Kedariter in der arabischen Wüste, nicht nur im Alten  Testament, sondern auch im Neuen Testament, speziell bei Jesus, bei Paulus und  in der Apostelgeschichte spreche z.B. die Art und Weise, wie Paulus in Gal  4,21ff argumentiere. Dort werde die in Arabien erlassene Tora mit Blick auf  Hegra/Hagar niedriger gewertet als die dem Volk Israel am Sinai gegebene Tora.  Die Entstehung des Islam im 7. Jahrhundert gerade in Arabien und also auch der  Islam wären nach den theologischen Kriterien des Paulus als negativ zu  beurteilen. Demgegenüber ist aber  festzuhalten: Paulus geht - der Dreidimensionalität der Abrahamverheißung von  Gen 12 (Isaak-Israel; Hagar-Ismael und die Völkerwelt) folgend - n a c h  seiner Sendung zu Israel, dh. zu den  synagogalen Juden in Damaskus, Gal 1,17f zufolge nicht sogleich zu de  Weltvölkern, sondern in die nabatäische Arabia. Dort scheitert schließlich  seine Sendung, wie wir von Paulus aus 2.Kor 11,32f erfahren: „In Damaskus ließ  der Ethnarch/Statthalter des (nabatäischen) Königs Aretas die Stadt der  Damaszener bewachen, um sich meiner (gewaltsam) zu bemächtigen. Und ich wurde  durch ein Fenster in einem Korb durch die Sadtmauer herabgelassen und entkam so  seinen (gewalttätigen) Händen“. Das aber bedeutet: Nur von  diesem schlußendlichen Scheitern der nabatäischen Araber-Sendung des Paulus her  sind seine einseitig negativen Aussagen in Gal 4,21ff allererst zu verstehen  und auch in ihrer theologischen Begrenzung zu bewerten, was in den  einschlägigen Kommentaren zur Stelle meistens übersehen wird: Gal 4,21ff  spiegelt nämlich des Paulus  n e g a t i  v e  Erfahrungen im nabatäischen Petra  und in der an der Grenze des Nabatäerreiches liegenden arabischen Stadt Hegra.  Solche negativen Aussagen hat Paulus im Blick auf die entsprechenden  Auseinandersetzungen mit dem judaistischen Zelotismus nicht zurückgenommen, wie  seine scharfe Abrechnung in Phil 3,5-8 nicht mit dem Judentum, aus dessen Stamm  Benjamin sich Paulus selbst zurechnet, sondern mit dem judaistischen Zelotismus.  Dennoch bleiben trotz dieser negativen Erfahrungen im Blick auf Israel die  übergreifenden positiven Verheißungen bestehen, wie die Kapitel Römer 9-11  eindeutig zeigen. Die negativen Ausführungen  des Paulus auch über die Tora in Gal Kp 3 und 4 und die Identifikation der nabatäischen  „Islamisten“ it den zelotischen „Judaisten“ ist erst verständlich, wenn man  sich vor Augen hält: Paulus wurde von beiden verfolgt. Dennoch bleiben die  Verheißungen über Israel-Judentum und über Hagar-Ismael- Leute auch für Paulus  weiterhin gültig. Was für die Paulus verfolgenden gewalttätigen „Judaisten“ in  Galatien gilt, die Paulus nie einfach mit dem Judentum, aus dem er selbst  stammt, identifiziert hat (vgl.Fr. Mußner; Theologische „Wiedergutmachung“ am  Beispiel der Auslegung des Galaterbriefes, in: Die Kraft der  Wurzel,1987.55-64), gilt also vice versa auch für die ihn verfolgenden  radikalen „islamistischen“ Nabatäer. Solche negativen Erfahrungen mit  zelotischen „Islamisten“ können und dürfen aber die über Hagar und Ismael  ergangenen positiven und universalen Abraham-Verheißungen des Alten Testaments  nicht aufheben, wie auch die Verfolgung durch die zelotischen Judaisten die  Verheißung über ganz Israel (Röm 11,26f) nicht aufheben konnte und bis heute  nicht ungültig machen kann. Hier übergreift die Weite und bleibende Gültigkeit  der Abrahamverheißung und der in die messianische Zukunft geöffnete weite Raum  alttestamentlicher Verheißungen das Scheitern des Apostels in seiner Sendung in  die nabatäische Arabia. Die an Hagar und Ismael ergangenen Verheißungen in der  Linie der Segensgeschichte Abrahams und der Sara sind also angesichts des  Scheiterns des Paulus in der Arabia weder erledigt noch außer Kraft gesetzt,  sondern werden erst im 7. Jahrhundert ihre anfangende und vorläufige Erfüllung  in der Sendung Muhammads und der Entstehung der weltweiten islamischen Umma  finden. Gegen die hier vorgetragene These  der bleibenden Geltung der biblischen Hagar-und Ismaelverheißungen für die  ökumenische Umma der Muslime von Nordafrika und Afrika bis nach Indonesien wird  weiter, wenn auch wiederum wenig überzeugend, von Exegeten und Archäologen  Folgendes eingewandt: Was hat denn der Islam mit Ismael und der ihm und Hagar  im Alten Testament geltenden Verheißungen zu tun? So wird gefragt. Die meisten  islamischen Völker, die Arabisch sprechen oder sich auf Muhammad in Afrika und  Asien berufen, seien doch nur zu einem geringen Teil genealogische Nachkommen  des Wüstenvolkes der Araber und damit Muhamads und seines Clans. Nachkommen des  Wüstenvolkes der Araber seien die afrikanischen und die indonesischen Muslime  genealogisch überhaupt nicht! Demgegenüber ist wiederum  festzuhalten, daß es neben der  g e n e a  l o g i s c h e n  Nachkommenschaft  Abrahams und Muhammads auch eine  s p i r  i t u e l l e  gab und gibt, auf die sich  die afrikanischen und asiatischen Völker berufen und derzufolge sie auch  ethisch dem Koran entsprechend handeln. Will man wirklich den 85% Muslimen in  dem 250 Mio-Staat Indonesien erklären, daß sie sich illegitim auf die  Verheißungen an Hagar und Ismael und illegitim auf Muhammad und den Koran  beriefen? Und wie will man umgekehrt dann weiterhin mit Paulus bekennen, daß  wir als ChristInnen uns durch den Messias Jesus auf die  Abraham-Isaak-Verheißungslinie beziehen dürfen und auf dieser Linie auch  ethisch handeln sollen. Obwohl wir genealogisch keine Juden sind und durch die  Taufe auch nicht werden, sind wir dennoch Paulus zufolge  s p i r i t u e l l e  Abraham-, Sara- und Isaak-Nachkommen (Gal  3,28f; Röm 4) bzw. wir sollen das nach dem Holocaust erst wieder glaubwürdig  werden. Alle genealogisch bestimmte  Abraham- und Sara-Gemeinschaft muß ihrer Bestimmung nach durch den Geist GOTTes  auch spirituell geprägt sein. Und eine Beschneidung am Fleisch, was für Israel  und den Islam nach Gen 17 gilt, muß der prophetischen Botschaft zufolge (Ez  36,26f) immer durch eine Beschneidung am Herzen durch den Geist charakterisiert  sein und ethisch in menschenfreundlichem Tun bezeugt werden. Demgegenüber ist  spirituell gelebte und durch die Proselyten- wie Christen-Taufe erlangte  Abraham- und Sara-Gemeinschaft nicht genealogisch bestimmt und steht dennoch in  der Segensgeschichte Abrahams, wie Paulus in Röm 4 im Blick auf die Völkerwelt  ausgeführt hat. Umgekehrt gilt aber auch: Das ökumenische Gottesvolk aus allen  Völkern, das durch den Abraham-Sohn und Messias Jesus mit der Abraham-, Sara-  und Isaak-Verheißung verbunden ist (Mt 1,1), darf sich gegenüber der auch  genealogisch bestimmten Geschichte des jüdischen Volkes und der islamischen  Umma nicht gleichgültig, ja diese verleugnend oder, weil angeblich primitiv und  vorneuzeitlich, verachtend, verhalten. Denn man kann den Christus Jesus der  Völker ohne den auch genealogisch verorteten davidischen Messias Jesus aus und  für Israel nicht haben wollen oder behalten wollen, wie der genealogische  Stammbaum Jesu in Mt 1,1-16 einerseits am Anfang und die Sendung an die  Völkerwelt in Mt 28,16-20 am Ende des Evangeliums deutlich machen. Mein damaliger Wuppertaler  Lehrer Wolfhart Pannenberg antwortete mir nach seinem Referat, zu dem ich ihn  als damaliger Rektor der Kirchlichen Hochschule nach Wuppertal eingeladen hatte  und in welchem ich ihn um eine Einführung in die drei Bände seiner Systematischen  Theologie gebeten hatte, auf mein Reden vom „Gott Israels“ in provozierender,  freilich seinem universalgeschichtlichen Ansatz durchaus entsprechender Weise:  „Der Gott der Christenheit ist doch kein jüdischer Stammesgott!“. Ich habe ihm  damals widersprochen mit der These: „Der Gott der Christenheit ist zuerst und  bleibend der GOTT der Abstammungsgemeinschaft Israels und als solcher auch der  Gott der Völker wie auch der Sohn Gottes zuerst und bleibend der jüdische  Messias Jesus ist und als solcher auch der Befreier der Völker. Meine Antwort  lag und liegt bis heute auf der Linie meines anderen Berliner Lehrers Helmut  Gollwitzer, der in seiner Einführung in die Evangelische Theologie „Befreiung  zur Solidarität“ (1978) schrieb: Gottes mit der Berufung Abrahams begonnenes  Rettungswerk „beginnt mit der Stiftung ener menschlichen Gruppe, und zwar nicht  einer Gesinnungsgemeinschaft, sondern einer Abstammungsgemeinschaft, eines  Clans. Ein alter Spruch lautet: Christianus fit, Judaeus nascitur. Christ wird  man, als Jude wird man geboren“ (129). Wie Abraham für jüdisches Denken  wirkungsmächtig ist und bleibt, zeigt Schalom Ben-Chorin in einem Beitrag einen  Tag nach dem Jom Kippur von 1989, wenn er über dem Geschenk der Gerechtigkeit  durch JHWH an Abraham (Gen 15,6; Röm 4,3.5.9.11.13.22; Gal 3,6; Jak 2,23)  dessen Unrechtshandeln und dessen Wirkungsgeschichte  b i s  h  e u t e  nicht unterschlägt: „Noch  ungerechter beträgt er (Abraham) sich gegenüber Hagar, die er mit ihrem, seinem  Sohn Ismael, in die Wüste jagt, eine Untat, die sich bis heute (!) rächt. Es  sind ja die Söhne der Hagar, die Araber, die mit den Söhnen der Sara, den  Juden, in blutigem Konflikt einander begegnen“ (Theologia Judaica II; 1992).  Wie man freilich es wagen  kann, in einem ökumenisch orientierten und dem Dialog mit den Religionen  verpflichteten Zeitalter wie dem unseren nicht nur theologisch, sondern auch  praktisch-ethisch, einem nur spirituell lebenden und also nicht genealogisch  abstammenden Abraham-, Sara-, Hagar-, und Ismael-Volk innerhalb der weltweiten  muslimischen Umma die Abraham- und Sara-Gemeinschaft bzw. die Berufung auf  Hagar und Ismael wegen einer in der Tat nicht vorhandenen genealogischen  Abstammung abzusprechen, wird rätselhaft bleiben müssen. Und wie man es verantworten  kann, zB den 85% Muslimen innerhalb des 250Mio zählenden indonesischen Volkes  das Muslimsein in der Nachfolge Muhammads und des Korans zu bestreiten, wird  ebenfalls ein Rätsel der so theologisch fahrlässig, eurozentrisch eng und  ökumenisch verantwortungslos argumentierenden sog. „Fachgelehrten“ bleiben  müssen. Meine Ausführungen sind in  ihrer gesamtbiblischen Argumentation nicht biblizistisch-fundamentalistisch  mißzuverstehen. Verheißungen, wie hier die biblischen Abraham- und  Sara-Verheißungen, werden schon im Alten Testament nicht zeitlos verstanden,  sondern bekommen besonders während und nach dem Exil eine neue und aktuelle  Bedeutung (W. Zimmerli, E. Blum). Sie werden im Neuen Testament, dann in der  Reformation und heute besonders im Zeitalter der Ökumene und des Dialoges der  Religionen in der Ökumene aktuell. Diese Verheißungen wandern in neue  Situationen und Kontexte ein und erschließen auch für die HörerInnen im Kontext  ihrer neuen Erfahrungen neue Dimensionen und Horizonte der jeweiligen  Verheißungen. Das hat Leo Baeck nach den Leidenserfahrung des Holocaust in  seinem in seinem Todesjahr 1956 geschrieben Aufsatz „Judentum, Christentum und  Islam“ mit seinem Plädoyer für eine versöhnte Verschiedenheit und verschiedene  Sendung der drei Religionen an die Welt der Völker überaus eindrücklich  geschildert und den Abrahamitischen Religionen für die Zukunft zur Aufgabe  gemacht. Diese Erschließung neuer  Horizonte einerseits und die Verschmelzung mit den Erfahrungen der jeweiligen  HörerInnen andererseits hat H. G. Gadamer 1960 in seinem bahnbrechenden Werk  „Wahrheit und Methode“ als Horizontverschmelzung bezeichnet. Eine  Horizontverschmelzung rechnet mit einem Erfahrungsgewinn von Traditionen in  neuen Kontexten und angesichts neuer Herausforderungen in der Geschichte. Eine  solche beginnt bereits inneralttestamentlich, setzt sich rabbinisch und  innerneutestamentlich besonders bei Jesus und Paulus fort und wiederholt sich  schließlich im 7. Jahrhundert mit der Berufung Muhammads und der Muslime auf  Abraham, Hagar und Ismael.  Sie wird heute im  ökumenischen Zeitalter in der Wiederentdeckung der Mehrdimensionalität der  Abraham- und Sara-Verheißung wieder relevant. In neuen Herausforderungen  (challenge) werden neue Dimensionen der alten Verheißungen erkannt (response).  Darin spiegeln sich aber nicht nur neue historische Kontexte und aktuelle  Herausforderungen der HörerInnen im Sinne der Gadamer’schen Hermeneutik. Darin  dokumentiert sich vielmehr , daß Abraham nach Mt 8,11 eine Gestalt nicht nur  der Vergangenheit, sondern der verheißenen Zukunft weltweiter und versöhnter  Tischgemeinschaft Israels und der Völker mit ihm und Sara ist: „Sie werden  kommen von Osten und Westen und mit Abraham und Sara zu Tische sitzen“ . Darin  spiegelt sich aber entscheidend die Lebendigkeit des in neue Zeiten und  Horizonte mitwandernden „lebendigen Gottes“ (H.-J.Kraus, S. Kreuzer), des  Gottes Abrahams , Saras, Isaaks , Hagars und Ismaels. 4. Die fundamentalistische  Preisgabe der Abraham-Sarah-Verheißung Man kann und wird sich von  der Abraham-Verheißung und ihrem umfassenden Segen immer dann bestimmt  ausschließen, wenn man die dreifache Segensverheißung an Abraham und Sarah bestreitet. a) Matthäus hat trotz des theologisch gewichtigen  genealogischen Stammbaums Jesu (Mt 1,1-17) dennoch die Abraham-Sohnschaft und  Sara-Tochterschaft nicht exklusiv auf das genealogische Volk Israel-Judentum  beschränkt. Denn durch die aus den Völkern stammenden Großmütter wie Bathseba,  Ruth und Rahab kündigt sich bereits geheimnisvoll das Hinzukommen aller Völker  in die Abraham- und David-Genealogie an Deshalb überliefert Matthäus von Johannes  dem Täufer den Gerichts-Spruch an die zelotischen oder exklusiv denkende und  handelnden Fundamentalisten: „Meint nicht, ihr könntet sagen, wir haben Abraham  zum Vater (und Sara zur Mutter). Denn ich sage euch: GOTT kann dem Abraham (und  der Sara) aus diesen Steinen Kinder erwecken“(Mt 3,9; Joh 8,37-39). Wie Johannes der Täufer, so  hat auch Jesus in der Verheißung der universalen Tischgemeinschaft „aller  Völker“ mit Abraham (1.Mose 12,3; Mt 8,11) die exklusiv denkende und  gewaltsam handelnde Zeloten-Gruppe mit der Selbstzeichnung „Söhne des Reiches“  (Mt 8.12), von der Teilhabe an dieser Abraham-Verheißung ausgeschlossen. Das  war damals die zelotische Richtung des „Judaismus“ innerhalb des  Judentums, - heute vertreten zB durch die „Bene Berak“, „die Söhne des  Blitzes“, deren Mitglieder sich exklusiv als die einzigen Erben der  Abraham-Verheißung mißverstehen, oder wiederum heute die gefährlich mit dem  Feuer spielenden „Getreuen des Tempelberges“, die selbst durch „einen  messianischen Aktivismus verführt“ andere „ zu einem messianischen Aktivismus  verführen“ und damit die Warnung der Weisen Israels vergessen: „Bedrängt nicht  das Ende!“ (Schalom Ben-Chorin, Theolgia Judaica II 1992,159-162). Jesus sagt  über sie alle „Aber ‚die Söhne des Reiches’ wird JHWH, der GOTT, in die  äußerste Finsternis hinauswerfen“. Solange dieser „judaistische“  Fundamentalismus“ die bleibende Erwählung des Judentums so exklusiv  mißversteht, solange er heute durch illegale Landenteignungen Straftaten gegen  internationales Völkerrecht in der Westbank verübt und auch durch die  militärische Überreaktion im Gaza-Krieg gewaltätig handelt, bleibt auch dieser  mit seinen widerrechtlichen Landenteignungen im Land Palästina von der  Segens-Verheißung Abrahams und der Sara ausgeschlossen. Zu diesem  Mißverständnis, sich exklusiv als die einzigen Abraham-Erben zu verstehen, ist  die radikale Kritik und Selbst-Kritk am „Judaismus“ (nicht am Judentum!) schon  damals durch Paulus zu vergleichen (Gal 1,14; Phil 3, 2ff; Röm 4). - Daß es  sich in Mt 8,12 um eine radikale Kritik Jesu nicht am Judentum als solchem,  sondern nur gegen einen zelotischen Judaismus innerhalb des Judentums handelt,  ist immer wieder bestritten worden. So lautet das Urteil von W.Grundmann, der  während der Nazi-Diktatur in Eisenach das Institut zur Entjudung der Bibel und  des christlichen Gesangbuches mit vielen sog. „Fachkollegen“ geleitet hat: Die  Söhne des Reichs oder des Königtums Gottes, die von Jesus in die äußerste  Finsternis befördert werden, „sind die Israeliten; sie hat sich Gott zum  Bundesvolk erwählt“. Das Gerichtswort Jesu meine also das ganze Bundesvolk  Israel natürlich mit Ausnahme der in Mt 8,11 genannten Väter Israels: Abraham,  Isaak und Jakob. Denn nur „mit den Vätern Israels werden die Glaubenden aus  allen Völkern vereint“. Das Fazit Grundmanns lautet: „Die Härte des Drohwortes  (Jesu) hat keine Parallele...; Kein Rabbi und kein Apokalyptiker hat eine  solche Aussage gewagt“, das jüdische Volk als ganzes vom Endheil auszuschließen  (Das Evangelium nach Matthäus, Berlin 1972, 253). Dabei übersieht Grundmann in  antijüdischer Tradition weiter, daß die Tradition der Völkerwallfahrt zum Zion  (Jes 49,12; Micha 4,1-7, Mal 1,11) in der prophetischen Botschaft immer mit der  Wiederherstellung ganz Israels (Jes 49,6) verbunden ist. Deshalb meint auch das  von Jesus angesagte Mahl mit den Vätern nicht nur ein „Völkermahl“, sondern  zuerst ein „Israelmahl“, d.h. auch die in Jes 25,6-9 angekündigte Verheißung:  eines Mahles der Versöhnung der Völker mit Israel. b) Auch der Islam verfällt dem Islamismus,  solange seine Anhänger den Dschihad nicht als den inneren Weg des Herzens zum  barmherzigen Gott (Mouhanad Khorchide, Scharia – der mißverstandene Gott, 2013),  sondern „dschihadistisch“ mißverstehen, terroristisch praktizieren und sich  dadurch von der umfassenden Segensverheißung für das Ismael-Volk ausschließen.  Der Islam schließt sich auch solange von der weitausgreifenden Hagar- und  Ismaelverheißung in 1.Mose 16,10 und 17,20 aus, als er zB. in seiner Auslegung  der Abraham-Verheißung in Sure 3,65-67 Abraham exklusiv für den ersten Muslim  und nicht als Gestalt umfassender Verheißung   v o r  und  f ü r   Judentum, Christentum und Islam würdigt und damit als kritischen Maßstab  für alle drei Abraham-NachfolgerInnen nicht bestehen läßt, sondern beseitigt  (K.-J. Kuschel, Juden, Christen, Muslime 2007). So handelt der Islam in  Palästina „islamistisch“, solange die Hamas wie im letzten Gaza-Krieg die  Bevölkerung Israels mit mehr als 3.000 Raketen beschießt, in Gaza die Wohnunge  nicht der reichen Funktionäre, sondern der armen Bevölkerung mit Raketen gegen  Israel bestückt und damit nicht nur die Bevölkerung Israels, sondern auch die  eigene Bevölkerung mit einem Genozid terrorisiert. Deutliches Kennzeichen eines  unislamischen Islamismus ist auch, wenn die in Berlin gegen den Gaza-Krieg  Israels demonstrierenden Muslime rufen: „Hamas, Hamas – Juden ins Gas!“ c) Auch das „Christentum aus allen Völkern“, das  „ökumenische Gottesvolk aus allen Völkern“ verkommt zum „Christianismus“ und schließt sich damit von der Segensverheißung an Abraham für alle Völker  aus, solange es zB. den Glauben Abrahams auf die reformatorische Erkenntnis der  „iustificatio impii sola fide“, der Gerechtmachung allein im Glauben, reduziert  und damit Abraham zum ersten protestantischen Christen erklärt (M. Luther). Das  hat nicht nur Luther damals so getan, sondern das ist bis in die sog.  „Fachexegese“ des 20. Jhdt.s so behauptet worden. Nach G.Kleins Exegese hat  Paulus „den Abbau der jüdischerseits prätendierten Abrahamssohnschaft und die  Reklamation Abrahams als des ausschließlichen (!) Ahnherrn der Christen zum  Ziel“. Für Paulus soll damit gelten soll, „daß es außerhalb der christlichen  Gemeinde keine Abrahamssohnschaft gibt“ (zit bei Mußner, Die Kraft der Wurzel  59). Wird Paulus auf diese Weise zum ersten reformatorischen Christen, so wird  damit gleichzeitig das Judentum auf einen im Kern sog. „gesetzlichen Judaismus“  und der Islam auf einen im Kern sog. „terroristischen Islamismus“ reduziert.  Das hat wiederum zur Folge, daß das Judentum und der Islam von der  dreidimensionalen Abraham-Verheißung beider Testamente ausgeschlossen werden  (Martin Luther, Gegen Juden und Türken, 1519-1542; während der Nazidiktatur vom  Verlag der Bekennenden Kirche wieder nachgedruckt 1936/1939). Dennoch bleibt festzuhalten:  Alle drei Formen der religiösen Entartungen und Pervertierungen stehen mit den  drei genannten Religionen jeweils auch in einem nicht zu leugnenden  Zusammenhang: a) der zelotische „Judaismus“ (Gal 1,14) damals in  der Verfolgung messianischer Juden durch Paulus und in der Anstiftung zu den  sinnlosen Aufständen gegen Rom und bis heute in den illegalen jüdischen  Landbesetzungen und zelotischen Landenteignungen, in der Westbank, b) der imperiale „Christianismus“ seit Konstantin über die  „Kreuzzüge“, über M. Luthers maßlose und haßerfüllte Ablehnung der Juden und  Türken, über den moralischen Bankrott der Kriegseuphorie und Kriegspredigten in  den Kirchen im ersten Weltkrieg, gegen die nur Karl Barth 1914  friedens-theologisch und –ethisch aufgestanden ist, bis zum  amerikanisch-fundamentalistischen Christianismus eines vom Alkoholdurst zum  Öldurst neubekehrten und wiedergeborenen G. Busch und seines von Billy Graham  religiös legitimiertenRaubkrieg gegen den Irak mit mehr als 150.000  Ermordeten, noch mehr körperlich und psychisch Verstümmelten mit der Folge der  Zerstörung des dortigen ältesten Christentums und c) der „terroristische  Islamismus“ im Fernen Osten in der Gestalt der allmählichen Arabisierung  (Gus Dur) bzw genauer Vahabisierung Indonesiens durch Saudi-Arabien, im Nahen  Osten in Gestalt der theokratischen und menschenmörderischen IS, im Iran in dem  verknöcherten theokratischen Staatsislam, der das unterdrückerische  Schah-Regime beerbte, nachdem vorher die Demokratie unter Mossadek durch den  amerikanische CIA beseitigt worden war, in Afrika in Gestalt des Boku Haram,  die im Norden Nigerias für einen Gottesstaat mordet, in Europa der Salafismus.  Deshalb dürfen diese drei Religionen sich nicht einfach von deren Mißbrauch und  Funktionalisierung distanzieren: Zelotischer „Judaismus“ hängt mit dem  Judentum genauso zusammen wie imperialer „Christianismus“ mit dem Christentum  und terroristischer „Islamismus“ mit dem Islam. Natürlich ist es innerhalb  der verschiedenen Religionen für deren Glaubende schmerzhaft, sich dem  fundamentalistisch-terroristischen Potential ihrer Religionen zu stellen und  nach den Gründen für deren illegitime Funktionalisierung zu forschen. Deshalb  war und ist es auch falsch, daß der deutsche Innenminister Thomas de Maziere  nach den Pariser Anschlägen auf die Redaktionsmitglieder von Charlie Hebdo 2015  formulierte: „Der islamistische Terrorismus hat mit dem Islam nichts zu tun!“.  Warum und inwiefern denn nicht? Man darf im Sinne der Pressefreiheit auch den  Propheten wie Jesus und Mose karikieren. Man darf, was seitens des Christentums  leider viel zu wenig geschieht, im Namen der Religionen diese Karikaturen als  nicht hinnehmbar kritisieren. Man darf aber den Verfassern solcher Karikaturen  nicht mit der Ermordung drohen. Solange sich die drei  Abrahamischen und Abrahamitischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam,  von der Abraham- und Sarah-Verheißung (Gen 12-25) her genealogisch und  geistig-spirituell verstehen und von daher auch praktisch-ethisch in  der Welt für mehr Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung  gemeinsam handeln (Louis Massignon, Samil Balic, Avdoldjavad Falatuir, Navid  Kermani) werden solche fundamentalistischen Fehlentwicklungen nicht den Kern  der jeweiligen Geschwisterreligionen bestimmen, verderben und am Ende in  Fäulnis übergehen lassen. Alle Fundamtalismen aus allen drei Religionen sind  vielmehr deren terrorostischer und Taliban-artiger Mißbrauch. So gibt es auch eine unbiblische  fundamentalistische Land-Ideologie aller drei Religionen, durch welche sich  diese ebenfalls von der Abraham- und Sara-Verheißung ausschließen. Das hat  seine Bedeutung im Blick auf die Landverheißungen der Bibel: Wenn a) zelotische und messianische Juden behaupten und anhand von Ez 37 zu begründen  versuchen, daß die Wiedergewinnnung des Landes Israel und die Errichtung des  Staates Israel die inhaltliche und zeitliche Voraussetzung, d.h. der erste  Schritt für die anschließende geistlich-nationale und spirituelle Erneuerung  Israels in einem zweiten Schritt seien, als wenn beides nicht parallel  verlaufen und die Rechtmäßigkeit des Landbesitzes nicht durch Gerechtigkeit,  Recht und Frieden ausgewiesen werden müßte, dann schließen sie sich fundamentalistisch  von der umfassenden Abraham-Verheißung aus. Wenn b) fundamentalistisch-christianistische Kreise wie die Christian Embassy/Jerusalem  und die amerikanischen Fernsehprediger wie Jerr Falwell die Wiederherstellung  von „Großisrael“ mit der „auf ewig ungeteilten Hauptstadt Jerusalem“ und unter  der Eliminierung der Plästinenserfrage und eines Palästinenserstaates zur  Voraussetzung der Wiederkunft ihres ideologisierten und christianistischen  Christus machen, dann schließen sie sich ebenfalls von der mehrdimensionalen  Abraham-Verheißung aus. Wenn c) ein dschihadistischer Islamismus auf die  endgültige und letzendliche Vernichtung des Staates Israel und der Vernichtung  seiner Bürger hinarbeitet, weil es innerhalb der islamischen Umma und Ökumene  und der geschlossenen islamischen Länderkette von Nordafrika bis nach  Indonesien kein jüdisches Land und keinen Staat Israel geben darf, wie  islamische Professoren der Al Quds-Universität/Jerusalem auf Nachfrage hin  eindeutig sagen, dann schließen sich auch diese Fundamentalisten von der  umfassenden Abraham- und Hagar-Ismael-Verheißung aus. Das ist die Bedeutung der  abrahamisch-prophetischen Vision von der endzeitlichen messianischen Tischgemeinschaft  aller mit Abraham, wie sie der endzeitlich-messianische Prophet und Messias Jesus  nach Matthäus 8,11f in seiner für „alle Völker“(1.Mose 12,1-3) segensreichen  Prophetie uns, den drei Religionen Judentum, Christentum und Islam, aber auch  allen anderen Religionen der Völkerwelt mitgegeben und aufgegeben hat. LiteraturG.E. Lessing: Nathan der  Weise (1789)
 J. W. von Goethe über  Muhammad und den Islam im West-östlichen Divan (1819)
 A. Parlindungan: Frieden  statt Mauern. “Al Quds“ (Jerusalem) im muslimischen Verständnis als Zeichen der  Hoffnung auf Frieden im Heiligen Land, 2014
 Sylvia Bukowski : Predigt  über Hagar und Ismael in der arabisch-baptistsichen Gemeinde in Nazareth, 20013
 Yohanna Katanacho :  Ismael-Exkurs in seinm Buch „The Land of Christ“, Bethlehem 2012
 Thomas Naumann, Art, Ishmael.  Chrstianity,  in:Encyclopedia of the Bible and its Reception, ed.Choon-Leong Seow and Hermann  Spiekermann, Berlin/New York (2014; dort weitere Literatur von Naumann und  anderen Autoren)
 Hans Georg Gadamer, Wahrheit  und Methode 1960
 Prof. Dr. Bertold Klappert,  ist seit 1974 Professor für gesamtbiblische Theologie an der Kirchlichen  Hochschule Wuppertal/Bethel und Mitglied im Ausschuss „Christen und Juden“ in  der EKiR. Vortrag auf einem Symposion in Abrahms-Herberge in Beit  Jala/Palästina April/Mai 2015       zur Titelseite 
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